Bogotá: Aller guten Gründe – zum Bleiben – sind 4

“Das einzige Risiko ist, dass du da bleiben möchtest”. Ganz schön mutig, der offizielle Slogan von Kolumbien, hat das südamerikanische Land doch den Ruf, gefährlich zu sein. Und beide Aussagen treffen zu: In einigen Gegenden ist Vorsicht angebracht, doch auch der Slogan hat Recht. Für mich gilt er zumindest für die Hauptstadt Bogotá – von der mir der Abschied nach fast 2 Monaten, in der ich sie meine Heimat genannt habe, doch schwer gefallen ist. Warum das so war?! Dafür gibt es – mindestens – vier gute Gründe:


1) Juan Valdez: Schwarz, nicht zu groß und nicht zu klein, stark – einfach wie für mich gemacht. Nein, ich rede nicht von einem hübschen Jüngling mit feurigem Namen, in den ich mich verliebt habe, sondern vom Kaffee. Genauer gesagt vom Pod Cumbre der Kette Juan Valdez, einer Mischung aus Verlängertem und Espresso. Während das Gebräu namens Tinto, das man in Straßenlokalen bekommt, wirklich den Gaumen beleidigt, kann man durchaus auch hervorragenden Kaffee in Kolumbien selbst finden. Meist werden die guten Bohnen leider exportiert – deshalb das “schwarz gefärbte Wasser” Tinto – , aber an einigen können sich die KolumbianerInnen und TouristInnen im Land selbst ebenfalls erfreuen. Wie sehr ich übrigens Juan Valdez vermisse ist mir erst vor kurzem schmerzhaft bewusst geworden: Als wir nämlich bei meinen Schwiegereltern die letzte Packung der dunklen Köstlichkeit geöffnet und dann getrunken haben…

2) Ciclovia und die Radkultur: Kaum jemals sonst haben mich fünf Minuten so sehr auf Trab gehalten wie während meines täglichen Hindernislaufes zwischen den verrückt fahrenden Autos zum nächstgelegenen Fitnessstudio. Von anderen Wegen ganz zu schweigen. Wer denkt in einer Stadt, wo Fußgänger als Freiwild betrachtet werden und wo Fahren mit Rasen gleichgesetzt wird wie in keiner anderen – auch in keiner anderen südamerikanischen – Stadt daran, Rad zu fahren? Im täglichen Leben hätte ich mich das nicht getraut, wohl aber bei der Ciclovia. Und dass in Bogotá diese Idee geboren wurde, das rechne ich der kolumbianischen Hauptstadt hoch an. Sonntags und feiertags gehört die Stadt – oder zumindest wichtige Straßen der Stadt – den RadfahrerInnen, RollerskaterInnen, LäuferInnen und Co. Mehr dazu hat auch Yasmin geschrieben: Ihre “Bike Kitchen” ist ein weiterer Beweis für die Fahrradkultur der Stadt.  Genauso wie Bogotá Bike Tours, die dieses Freiheitsgefühl auf zwei Rädern TouristInnen näher bringen möchten.

3) Bunte Kreativität: In Bogotá sprudelt die Kreativität, das lässt sich schon daran erkennen, dass die ganze Stadt ein bunter Farbklecks ist. Offenbar ist die kolumbianische Metropole eine der Graffiti-Hauptstädte der Welt. Überall sind die bunten Kunstwerke zu finden – und ja, es handelt sich tatsächlich des Öfteren um geniale Gemälde. Ein Rundgang durch die Stadt war für mich meist eine Entdeckungstour in Sachen Graffiti und auch das ist etwas, was auf der Bogotá Bike Tour radelnd erfahrbar ist. Es gibt sogar eine eigene Graffiti-Tour durch die Straßenkunst der Stadt. Die habe ich zwar nicht gemacht, doch schon ein einziger Spaziergang war für mich wie ein Ausstellungsbesuch.

Kreativ geht es auch auf den Märkten zu: Zum Beispiel auf dem berühmten Mercado de las Pulgas bei der Hacienda Santa Barbara im Stadtteil Usaquén. Die Übersetzung “Flohmarkt” ist zwar richtig, aber trotzdem irreführend: Wer nämlich jetzt – so wie ich – einen Markt mit alten Sammelstücken erwartet, der hat Pech gehabt. Vielmehr stellen dort sonntäglich die KünstlerInnen der Stadt ihre Stücke aus. Von Wandgemälde bis zum originellen Schmuck kann man alles erstehen – die Welt liegt dir dort zu Füßen. (Das habe ich übrigens fast wörtlich genommen und mir auf einem der Stände Schuhe maß schneidern lassen, auf denen der Globus zu sehen ist!)

4) Grüne Aktivitäten: Gut, ich muss gestehen, dass ich mich vor meiner Ankunft in Bogotá überhaupt nicht mit der Stadt beschäftigt habe. Sonst hätte ich vielleicht schon im Vorhinein gewusst, dass Bogotá ganz schön grün ist und die rolos, wie Leute aus der Hauptstadt genannt werden, auch jede Gelegenheit nutzen, im Grünen zu sein. Vor allem, um Sport zu machen. Auf der Tagesordnung sind Wandertouren in die nahen Cerros, den Bergen, die Bogotá auf einer Seite begrenzen, genauso wie das gemeinschaftliche Turnen in den Parks. An freien Tagen ist die Innenstadt wie ausgestorben. Stattdessen tummelt es sich in den Parks, wie dem großzügigen Simon Bolivár mit dem – eher enttäuschenden – Botanischen Garten oder dem kleineren Parque Nacional.

Und nachdem die Familie im Mittelpunkt des sozialen Lebens steht, schnappt man sich regelmäßig seine Lieben und macht ein Picknick im Grünen. Der Proviant-Einkauf zuvor gehört dabei ebenso zum “Happening” wie das lautstarke Schlemmen der – vor allem süßen – Köstlichkeiten auf dem Rasen.

Weitere grüne Aktivitäten findet Ihr hier.

Und neben diesen vier Gründen gibt´s noch zig Andere namens Lucho, Carolina, Andrea, Yesid,  Yasmin, Jeronimo, Natalia, José, … und die aktive CouchSurfing-Community! Großartige Menschen, die für mich die Stadt lebens- und liebenswert gemacht haben. Irgendwie ist das auch eine Liebeserklärung an sie!

Brauche ich nur noch jede Menge dicke Pullis und einen Rundum-Regenschutz – wenn es nämlich eines gibt, das gegen das Bleiben spricht, dann ist das trüb-regnerische Wetter. Tja, auch Bogotá ist eben nicht perfekt!

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