Doris im Wunderland: Einmal Bollywood und zurück

“In fünf Minuten müssen wir auf die Bühne”, Sukhmani wirft einen kurzen Blick auf mich, während sie mit schnellen, geübten Fingerbewegungen ihren Smokey Eyes den letzten Schliff gibt. Fünf Minuten!!! Ich schlucke und fühle, wie die Nervosität in mir hochkriecht. Dass niemand merkt, wie blass ich gerade bin, ist weniger meinem großartigen Schauspieltalent zuzuschreiben, sondern der dicken Schicht Make-Up, unter der mein Gesicht versteckt ist. Wie bin ich bloß hier gelandet?

.. und in wenigen Minuten wird aus mir ein Glamourstar! Foto: Doris

.. und in wenigen Minuten wird aus mir ein Glamourstar! Foto: Doris

“Hast du Lust, das Kingdom of Dreams zu besuchen?” – wie so oft begann alles mit einer Email. Vor etwas mehr als einem Monat, als ich gerade meine Spontanreise nach Indien verraten hatte, ist sie in meiner Inbox gelandet. Seit rund sechs Monaten vertritt die PR Agentur BZ Comm dieses Königreich der Träume im deutschsprachigen Raum – und hat mich eingeladen, das Wunderland auf meiner Indien-Reise zu besuchen.

Träume werden im Kingdom of Dreams gelebt! Foto: Doris

Träume werden im Kingdom of Dreams gelebt! Foto: Doris

Ein Mammut-Projekt/ ein einzigartiges, ungesehenes Entertainment-Zentrum/ das weltweit größte Bollywood-Musical – Locations, die so beschrieben werden, stehen ja normalerweise eher weniger auf meinem Reiseprogramm. Und von Bollywood-Filmen bekomme ich nach kurzer Zeit eine Art Rausch: Zu viele Farben, zu viele hohe Töne, zuviel Kitsch!
Doch irgendetwas zieht mich hin, ins “Kingdom of Dreams”: Ich will es sehen, will mich diesem Teil der indischen Kultur stellen und wer weiß, vielleicht ist es ganz gut, nach den zehn Tagen der stillen Meditation dann noch einmal das wilde, pure Leben aufzusaugen?!

Draußen wird auf dem roten Teppich eine Tanzvorführung gegeben. Foto: Doris

Draußen wird auf dem roten Teppich eine Tanzvorführung gegeben. Foto: Doris

“Wir sind dran”, reißt mich Sukhmani aus meinen Gedanken und fasst mich an der Hand. Normalerweise steht die 22jährige Schauspielerin als weiblicher Star der Show “ZANGOORA, The Gypse Prince” auf der Bühne. Seit drei Jahren, seit der Eröffnung von “Kingdom of Dreams” wird dieses weltweit größte indischen Bollywood-Musical Tag für Tag aufgeführt. Seit drei Jahren begeistert die Geschichte um einen jungen Prinzen, der verstoßen und von Zigeunern aufgezogen wird, bevor er - es ist schließlich Bollywood - den Thron samt dem Herzen einer schönen Prinzessin erobert, die Massen. Wie sehr, das kann ich mir lebhaft vorstellen, seitdem ich am Nachmittag bei der zweiten Show – “Jhumroo” – im Publikum saß: Da  wurde geschrien, mitgefiebert, laut geklatscht, von den Sitzen gesprungen und mitgetanzt, als gäbe es kein Morgen mehr. Als wäre der ganze Saal die Bühne.

Im Bollywood-Café ist man den Stars hautnah ;-) Foto: Doris

Im Bollywood-Café ist man den Stars hautnah ;-) Foto: Doris

So ist es jeden Tag – und doch ist heute alles ein bisschen anders: Heute wird bloß eine einstündige Kurzversion von ZANGOORA aufgeführt, denn heute ist die Show Teil von Apples iMagic-app-Präsentation. Heute verführt Sukhmani nicht den Prinzen auf der Bühne (und die Zuschauer im Saal) mit ihrem Charme, sondern darf sich um mich kümmern.  Heute werden zum ersten Mal in der Geschichte von “Kingdom of Dreams” nicht nur die über 20 Schauspieler, 68 TänzerInnen und die 220 Crew-Mitglieder auf der und um die Bühne herum arbeiten. Heute wird es nämlich einen Gastauftritt geben – und zwar von mir!

Ohne Worte! Foto: Doris

“Nicht einmal wir durften bisher auf die Bühne“, erklärt mir PR-Lady Ayesha beim Warten im Backstage-Bereich, und ich bilde mir fast ein, einen Funken Neid in ihren Augen zu erkennen. Vor einigen Stunden hat sie mich noch durchs “Culture Gully” geführt, diesem zweiten großen Bereich des “Kingdom of Dreams”. Was sonst auf einer Indien-Reise kaum möglich wird, hier geht es im Schnelldurchlauf: Man kauft eine Eintrittskarte im Wert von 500 Rupies und kann mit dieser die 16 wichtigsten indischen Bundesstaaten in einem “Aufwasch” entdecken sowie erleben – von Kerala über Chennay bis Rajasthan. Beim Einkaufen von Kunsthandwerk, Schmuck, Mode und anderen Souvenirs in den Shops, vor allem aber kulinarisch. Die Restaurants und Stände locken nämlich mit regionaler Küche, zubereitet von Köchen aus dem jeweiligen Staat und mit den dort typischen Gewürzen. Und weil das Auge mitisst und mit-entdeckt, sind die Lokale außerdem so gestaltet, wie es im jeweiligen Bundesland Tradition ist.

Schlemmerparadies Culture Gully: Da isst man sich durch 16 Staaten Indiens - alles im Namen des Kulturverständnis ;-) Foto: Doris

Schlemmerparadies Culture Gully: Da isst man sich durch 16 Staaten Indiens – alles im Namen des Kulturverständnis ;-) Foto: Doris

Im Cultural Gully gibt´s auch das Shopping-Paradies des Kingdoms, schließlich ist Einkaufen für viele ein Traum. Foto: Doris

Im Cultural Gully gibt´s auch das Shopping-Paradies des Kingdoms, schließlich ist Einkaufen für viele ein Traum. Foto: Doris

Jetzt wartet Ayesha mit mir im Backstage-Bereich auf meinen Auftritt, begrüßt immer wieder vorbeigehende Tänzer, wird herzlich umarmt und wirft schon mal mit Komplimenten um sich. Auch mir geht´s nicht anders: “Du siehst großartig aus”, meint eine Maskenbildnerin; “Die Farbe steht dir ausgezeichnet”, nickt mir eine Schauspielerin im Vorbeigehen zu – und als Sukhmani sich dann in der Garderobe noch meine Flip-Flops ausborgt, fühle ich mich, als wäre ich schon immer dabei. Als wäre ich Teil des Teams.

30 Minuten Schminken - für vier Minuten Ruhm auf der Bühne! Foto: Doris

30 Minuten Schminken – für vier Minuten Ruhm auf der Bühne! Foto: Doris

Liegt es am Kostüm und der professionellen Schminke? Noch wenige Stunden zuvor, als ich beim Schauspieltraining mein Talent – nunja – unter Beweis stellen durfte, war ich eher wackelig auf den Beinen. Ganz zu schweigen vom gemeinsamen Aufwärm-Programm mit den TänzerInnen, bei dem ich am liebsten im Erdboden versunken wäre. Ein, zwei Schrittabfolgen wollten sie mir in ihrem Grundenthusiasmus beibringen – was dabei herauskam sah wohl eher nach einem epileptischen Anfall aus…

Tanzen war ja noch nie meine Stärke... aber man hat sich bemüht, mir etwas beizubringen. Foto: Nancy

Tanzen war ja noch nie meine Stärke… aber man hat sich bemüht, mir etwas beizubringen. Foto: Nancy

Die gute Nachricht: Auf der Bühne muss ich ohnehin nicht tanzen!
Die schlechte Nachricht: Es geht looos!

Bevor ich noch einen letzten Schweißausbruch bekommen (und somit mein Make-Up ruinieren) kann, hat mich mein persönlicher Schutzengel Sukhmani bereits am Arm genommen, sich eingehakt und schlendert mit mir Richtung Bühne.
“Achtung!” höre ich von hinten. Wir sind im Weg, denn die riesigen Requisiten müssen noch vor uns auf die Bühne, auf der gerade eine der vielen Tanzszenen von statten geht.
Und wir, wir sind jetzt Teil davon! Als Zigeunermädchen schlendern wir zwischen den Tanzenden hindurch, schauen uns auf dem “Markt” abertausende, glitzernde, glitternde Bangles an, lachen, plaudern…

Im Bühnenoutfit - ich fühl mich gleich besonders... Foto: Doris

Im Bühnenoutfit – ich fühl mich gleich als etwas Besonderes… Foto: Doris

Vier Minuten später ist der Zauber auch schon wieder vorbei!

Und ich? Ich zittere noch etwas, merke kaum, wie ich abgeschminkt werde, in meine normale Kurta schlüpfe und wenige Minuten später mit dem Taxi ins Hotel zurück fahre. Erst als ich im Zimmer in den Spiegel schaue, wird mir klar: Ich habe noch immer ein dickes, fettes Grinsen im Gesicht. Das sind wohl die Auswirkungen von meinem Ausflug ins Wunderland, nach Bollywood!

 

PS: So gern ich Fotos oder gar ein Video vom (vermutlich einzigen) Bollywood-Auftritt meiner “Karriere” zeigen wollte, es gibt keine. Kameras sind nämlich bei der Show nicht erlaubt! Leider…

Offenlegung: Ich danke BZ Comm und dem Team von Kingdom of Dreams für diesen unvergesslichen Tag und die Möglichkeit, diese Erfahrung zu machen. Die Ansichten und Meinungen in der Geschichte sind wie immer meine eigenen.

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