Eine Runde Großglockner zum Dahinschmelzen

Sehr erfreut, Albert Wirth, Retter des Großglockners! So hätte er sich vermutlich nicht selbst vorgestellt, der Sohn eines Holzindustriellen, der 1918 auf eigene Kosten um 10.000 Kronen das Gebiet um den Großglockner erworben und dem Deutschen und Österreichischen Alpenverein geschenkt hat. So wird er aber jetzt auf der 2.369 m hohen Franz-Josefs-Höhe auf der Großglockner Hochalpenstraße auf Schautafeln präsentiert, ist es doch dem Kauf und der daran geknüpften Bedingung “daß das gesamte Glocknergebiet als Naturschutzpark der Zukunft erhalten bleibt” zu verdanken, dass dieser Wunsch später Wirklichkeit wurde. Statt Hotels, Lift- oder Gondelbahnen, Sportplätzen nichts wie Natur pur.

Was würde Albert Wirth wohl jetzt sagen, wenn er hier neben mir im Nationalpark Hohe Tauern stehen und die Pasterze, den größten und längsten Gletscher der Ostalpen, sehen würde? Oder besser gesagt das, was davon noch übrig ist. Die kahlen Stellen, das mickrige Weiß: Würde er sie überhaupt erkennen?

Mich macht der bildliche Vergleich zwischen heute und früher jedenfalls sprachlos. Da muss doch selbst der Blindeste erkennen, dass in Sachen Klimawandel der Hut brennt! Und doch  können sich Forscher wie Prof. Stefan Rahmstorf immer noch anhören, dass das mit der Erderwärmung Humbug ist?! Müssen mit Todesdrohungen umgehen lernen und sich vorwerfen lassen, dass sie Lügen erzählen?! Wirklich?! Das hat er jedenfalls bei den ERDgesprächen 2012 erzählt.

Die Franz-Josefs-Höhe ist ein Pflichtstopp auf der Fahrt über die Großglockner Hochalpenstraße, die uns das GPS für den Weg von Lienz in Osttirol nach Rauris in Salzburg vorgeschlagen hat. Offensichtlich nicht nur uns. Auf den 48 Kilometern und 36 Kurven brausen ständig Busse, Motorräder und andere PKWs an unserem Auto vorbei. Selbst ein paar besonders fitte Radfahrer quälen sich in die luftigen Höhen auf bis rund 2.500 m hinauf. Ja, sie ist offenbar auch bei nicht ganz so schönem Wetter und Nebel verhangener Aussicht ein beliebtes Ausflugsziel, die Hochalpenstraße. Die Maut von 32 Euro (und 22 Euro fürs Motorrad,für Elektrofahrzeuge kostet sie weniger) schreckt zwar, aber offenbar nicht ab. Zu genial ist das Fahrerlebnis durch die Gebirgslandschaft mit ihren mächtigen Felsen, zu reizvoll ist es, einmal sagen zu können: Wir waren dort!

Genau das kann ich jetzt auch von mir behaupten: Über Heiligenblut, Kasereck und Schöneck kommen wir nach unzähligen Fotopausen dort auf der Franz-Josefs-Höhe an. Wo bin ich denn hier gelandet?! Es erwartet uns ein “Gewurl” von TourstInnen, und der Versuch, nicht mit jedem Schritt in ein Foto zu laufen, artet in einen Hindernislauf aus. Gekommen sind sie alle wohl nicht wegen der höchstgelegenen Automobilausstellung der Welt, die es dort gratis zu sehen gibt (vorausgesetzt man erscheint vor 17.00 Uhr), sondern um einen Blick auf die Pasterze zu werfen. Einen Letzten?

Vorne Gletscherschmelze und dahinter eine Huldigung an die Abgasbomben Autos… das mulmige Gefühl, das mich überkommt, stammt wohl nicht von der Höhe. Die bin ich seit Ecuador oder Bolivien ohnehin gewohnt: Einmal auf über 5.000 Meter gewesen, sind die Dimensionen hier ein Klacks. Nun ja, das Bauchweh bleibt, aber Ablenkung wird schnell gefunden: Murmeltiere laufen vor den Kameralinsen der aus- und inländischen Reisegruppen auf und ab, verstecken sich einmal hinter den Gesteinsbrocken, posieren ein anderes Mal vor den ebenfalls herum hüpfenden Dohlen. Süß sind sie, genauso wie die Gämsen und Steinböcke, die wir auf dem Weg zum Parkplatz sehen.

Wir gehen nicht die 30 Minuten auf dem alpinen Steig bis zum Pasterzengletscher selbst hinunter, zahlen auch nicht für die Gletscherbahn auf halbe Strecke hinunter, sondern fahren weiter – hinauf bis zur Edelweißspitze auf 2.571 Meter. Dort sind genauso wenig Berggipfel in Sicht wie zuvor, der Nebel will uns einfach den Blick darauf nicht gönnen. Das ist in Ordnung, so wirklich genießen kann ich das Ganze ohnehin nicht (mehr). Ich habe andere Bilder zu verdauen und muss wieder an Albert Wirth denken: Was wohl der Retter des Großglockners sagen oder tun würde?!

Ich weiß es nicht. Sehr wohl aber weiß ich, was ich tun kann. Also, wir lesen uns in Kürze wieder: Ich bin dann mal meine Emissionen samt schlechtem Gewissen kompensieren… 

Buchtipp:

Mehr zum Thema Emissionen kompensieren findet Ihr im Bericht von FOGS-Lifestyle.

Heutige Albert Wirths und junge KlimaschützerInnen porträtiert der deutsche Journalist Daniel Boese in seinem Film und in seinem Film Die Weltretter 3.0. und im Buch

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