Erinnerungen ans Himmelreich

Meine von der Wanderung etwas müden Beine auf der Liege ausgestreckt, die Jacke schon längst ausgezogen, damit mich die Sonne besser auf meiner Haut kitzeln kann, einen „Schneeberggeist“ in einer Hand. Neben mir können sich Gerhard und Christine das glückliche Grinsen genauso wenig aus dem Gesicht streichen wie ich. Schuld daran ist der Ausblick auf die grünen Wiesen, auf denen der Frühling bunt und leuchtend zu erwachen beginnt, auf die Berglandschaft mit ihren noch Schnee bedeckten Gipfeln und auf die Schafe, die unsere Füße offensichtlich entweder mit Gras verwechseln oder aus einem anderen – unerfindlichen – Grund daran knabbern. Ach, und fast hätte ich den Hirten-Hund zu erwähnen vergessen…

Ja, sie stehen klar und deutlich vor meinen Augen – meine Erinnerungen ans Himmelreich. Oder zumindest ans nahe Himmelreich, denn wenn man es ganz genau nimmt hat uns noch ein bisschen bis dorthin gefehlt. 100 Meter oder 10 Minuten, um präzise zu sein. So weit ist nämlich die Schutzhütte St. Martin auf dem Schneeberg Passeier, Südtirol, vom Himmelreich entfernt. Und dort habe ich diesen paradiesischen Zustand erreicht.

Ein Jahr ist es jetzt her, dass ich auf der Pressereise AlpineCrossing durch die „Perlen der Alpen“ gezogen bin, um für Biorama von Orten in Österreich, Italien und Slowenien zu berichten, die sich dem nachhaltigen Tourismus verschrieben haben. Moos im Passeiertal im Naturpark Texelgruppe gehört seit 2010 dazu, hat sich aber schon vorher als Vorzeigebeispiel in Sachen Öko präsentiert: Die Kooperative E.U.M. – Energie- und Umweltbetriebe Moos produziert Strom aus Wasserkraft, 2007 wurde mit dem Ortsteil Pfelders das erste Dorf Südtirols Autofrei, Elektrofahrzeuge sind keine Seltenheit – und generell ist Nachhaltigkeit hier schon längst mehr als bloß ein Schlagwort.

Das kann jetzt den “normalen Touri” zwar interessieren, muss es aber nicht unbedingt. Verlieben kann man sich in dieses Fleckchen Erde auch so. In die Menschen zum Beispiel, die ihrem Vorfahren Andreas Hofer in ihrer Tatkraft und sympathischen Bodenständigkeit alle Ehre machen. Oder wegen der kleinen, charmanten Hotels und Pensionen, wo Vater, Mutter, Kind und Großeltern zupacken. Oder wegen dem kleinen, aber feinen Skigebiet im Winter, wo man romantisch mit Pferdeschlitten über die weißen Hänge gleiten kann. Oder wegen der traumhaften Wanderrouten. Die Erinnerung an Letztere sind es, die mich hier bei den ersten Frühlingssonnenstrahlen – in meiner Wohnung sitzend – von einer Rückkehr ins Hinterpasseier träumen lassen.

Die Wanderung zur Schutzhütte St. Martin und früheren Knappendorf auf dem Schneeberg Passeier kann ich jedenfalls guten Gewissens empfehlen. In der 100-Betten-Herberge wartet von Juni bis Oktober nicht nur Wirt Heinz mit seinem Schneeberggeist, dem selbstgemachten Likör aus Heidelbeeren, die am Schneeberg übernachten. Auch das höchste Bergwerk Europas und jetziges Museum ist durchaus sehenswert.

Für das nächste Mal – und ja, ich rechne mit einem Wiedersehen mit Südtirol – habe ich auch schon einen Plan: Der Passeirer Höhenweg steht auf dem Programm. Eine um die vierstündige Tageswanderung von der Flecknerhütte am Jaufenpass nach Stuls und weiter zum Übelsee, einem kleinen Bergsee unterhalb der hohen Kreuzspitze. Und wenn ich dann gaaanz mutig (und gaaanz durchgeschwitzt) bin, springe ich zur Abkühlung in den Übelsee. Vielleicht. Denn die Warnung, dass die Unterströmung dort schon ganze Kühe verschluckt haben soll, klingt doch nicht so einladend.

Überlebe ich das, weiß ich jedenfalls schon, wo ich feiern werde: In der Eggergrub Alm und/ oder der Hochalm oberhalb Stuls bei einer herzhaften Brotjause. Und wer weiß, vielleicht singen mir die Hinterpasseirer dort auch ein Ständchen – wie vor einem Jahr in der Schutzhütte St. Martin. Eines ist sicher: Himmlisch wird es allemal!

Und nachdem nicht alle Tage Sonnenschein ist, habe ich für Regentage das Bunker Mooseum und das Andreas-Hofer-Museum am Sandhof  auf dem Programm haben. 

Meine Berichte über die AlpineCrossing 2011 findet Ihr übrigens auf Biorama.

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