Gastbeitrag: Bambi vs. Mr. President: Als wir auszogen, die USA zu erobern

Die Traveliers (das sind Corinne und Laurens) reisen seit nun fast 6 Jahren gemeinsam durch die Weltgeschichte. Seit ein paar Monaten lassen sie endlich auch den Rest der Menschheit daran teilhaben. Auf mightytraveliers.com findet Ihr außergewöhnliche Fotos, spannende Geschichten und auch sonst (fast) alles, was das Herz des Globetrotters begehrt. Immer mit dabei: eine gehörige Portion Selbstironie.

Die USA, das Land, in dem Cola und Light Beer fließen. Wo sich Wallstreet-Broker und Broadway-Diven gute Nacht sagen. Das Land der Wolkenkratzer, Glitzershows, Beach Babes und Luxuskarossen. Und ich…… mittendrin! Das zumindest war der Plan, als ich mich 2011 für ein Jahr an einer amerikanischen Elite-Uni bewarb.

Corinnes Welt... in Ithaca. Foto: Corinne

Corinnes Welt… in Ithaca. Foto: Corinne

Von mythischen Wesen und guten alten College Parties

Alle Ivy League Schools liegen in der unmittelbaren Umgebung einer Großstadt. Alle? Nein! Ein von unbeugsamen Studenten bevölkertes Dorf in Upstate New York hört nicht auf, der Verstädterung Widerstand zu leisten. Und so kam es, wie es kommen musste: Ich landete in Ithaca. Nächste Großstadt: New York City. Fahrtzeit: 4 Std! Doch davon ließ ich mich erst einmal nicht abschrecken. Denn wie hieß es so schön in der Werbung eines bekannten Autoherstellers? „Brichst du auf gen Ithaka,/wünsch dir eine lange Fahrt,/voller Abenteuer und Erkenntnisse.“ Okay, eigentlich stammt das Zitat von einem der bedeutendsten griechischen Lyriker der Moderne. Aber was soll´s. Wir sind ja hier nicht im Literaturseminar.

Herbst in Ithaca. Foto: Corinne

Herbst in Ithaca. Foto: Corinne

Doch wenn wir schon mal dabei sind: der Typ besingt natürlich nicht das Ithaca im amerikanischen Bundesstaat New York, sondern die kleine Insel im Ionischen Meer, die auch schon Homer verzaubert hatte. Leider handelte es sich bei meinem Ithaca also nicht um die mythische Heimat des Odysseus. Und auch von Sirenen, Zyklopen oder gar der schönen Penelope war weit und breit keine Spur. Doch noch hatte ich die Hoffnung nicht verloren. Mein Ithaca war nämlich eine Universitätsstadt. Und was sind schon Zyklopen gegen gute alte College Parties?

Ein Leben als Grad Student, oder: Corinne allein im Wald

Schon nach wenigen Tagen machte sich Ernüchterung breit. Ich war ein Grad Student. Und wir Grad Students gaben uns natürlich nicht mit partywütigen College Studenten ab. Vorbei war die Hoffnung auf sportsbegeisterte Kommilitonen. Auf Wiedersehen Binge Drinking. Goodbye Dorm Orgien. Stattdessen gab´s regelmäßige Konferenzen, endlose Colloquien und gelegentliche Trinkabende im kleinen Kreis.

 Corinnes Landleben. Foto: Corinne

Corinnes Landleben. Foto: Corinne

Versteht mich jetzt nicht falsch! Wissenschaftlich gesehen war der Austausch ein voller Erfolg. Doch es war eben nicht das Abenteuer, das man erwartet, wenn man für ein Jahr in die USA geht. Es war mehr ein gemütliches Einsiedlerleben irgendwo im Walde. Denn das ist Ithaca: ein paar Häuschen mitten im Wald. Hier trifft man regelmäßig auf Stinktiere und Waschbären, wenn man des Nachts den Müll rausbringt. Um das nächste Seminar zu besuchen, muss man mehrere Wasserfälle überqueren. Beim Sonnenbaden wird man auch schon mal von Truthähnen attackiert. Und auch gelegentliche Revierkämpfe im eigenen Garten sind keine Ausnahme. Ein ganz normaler Tag in Ithaca eben. Und das genaue Gegenteil von Laurens´ Erfahrungen in Washington.

Ein Belgier in DC – Auf den Spuren der zukünftigen Diplomaten-Elite

Während ich in Upstate New York festsaß, hatte der feine Herr ein dreimonatiges Praktikum bei der belgischen Botschaft in DC ergattert. Okay, auch Washington ist jetzt nicht die amerikanische Großstadt per se. Doch immerhin ist es eine Stadt und eigentlich perfekt für einen ersten Eindruck vom Land of the Free. Die Mieten sind zwar auch nicht gerade billig, doch immerhin kann man hier noch im Zentrum wohnen. So lag Laurens´ WG nur 30 Gehminuten vom US Capitol entfernt. Er lebte also regelrecht im Zentrum der Macht. Auch wenn man davon als Belgier nicht allzu viel mitbekommt. Ja, man darf auch mal einem Vortrag von Hillary Clinton lauschen und sich mit einem Ex-Botschafter Kubas über die Lage im kleinen Inselstaat streiten. Auch ein Meet and Greet mit John Kerry ist drin und die obligatorische Meinungsverschiedenheit mit den Sicherheitsleuten des White House bleibt einem natürlich ebenfalls nicht vorenthalten. Im Allgemeinen aber hat man als Angehöriger dieses kleinen Staates nicht viel mehr zu melden als die Einwohner Luxemburgs. (Ja, ich weiß, wovon ich rede!)

 Laurens Welt in Washington D.C. Foto: Laurens

Laurens Welt in Washington D.C. Foto: Laurens

Doch einmal pro Woche sind alle gleich. Dann nämlich, wenn sich die Nachwuchselite zum Kräftemessen trifft. Wenn die Luft anfängt zu knistern, die Spannung kaum noch zu ertragen ist, und die Spucke sich langsam in die hintersten Mundwinkel zurückzieht, dann weiß der Belgier: seine Zeit ist gekommen. Endlich kann er die Ehre seines Landes retten. Endlich kann er zeigen, woraus ein Belgier gemacht ist. Und den Sieg beim internationalen Trinkwettbewerb davontragen. Ja, auch hier, im Hauptquartier der Supermacht, geht es letztendlich nur um das Eine. Und auch hier sind die Teilnehmer meist die gleichen.

Straßenansicht von DC. Foto: Corinne & Laurens

Straßenansicht von DC. Foto: Corinne & Laurens

Schlussendlich sind Ithaca und Washington also gar nicht so verschieden, wie man auf den ersten Blick meinen könnte. Ja, sogar eine Stadt wie New York verliert nach mehreren Besuchen schnell ihre Faszinationskraft. Sobald der Alltag eintrifft und neugierige Erkundungstouren der Vergangenheit angehören, sind nämlich alle Städte gleich. Aus diesem Grund hat uns bis jetzt noch kein Ort für längere Zeit halten können. What´s next? Wir werden sehen.

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