Kopenhagen: die grüne Stadt im Norden, vom Sattel aus gesehen

Jeg er så glad for min cykel” (I’m so fond of my bike)

Dänische Kinder lernen dieses Lied über ihre geliebten Fahrräder noch bevor sie auf eben diesem richtig sitzen können. Wobei das nicht heißt, dass sie zu diesem Zeitpunkt nicht bereits dauernd mit dem Drahtesel fahren, werden doch schon Babys im zum Kinderwagen umfunktionierten Anhänger herumkutschiert. Räder sind überhaupt überall und immer mit dabei – Und in keiner anderen Stadt würde es wohl einem Hotel einfallen, seine Gäste mit dem Hometrainer strampeln und sich so ihr Essen verdienen zu lassen als im – innerlich – „grünen“ Kopenhagen.

Blick auf Kopenhagen 500x375 Kopenhagen: die grüne Stadt im Norden, vom Sattel aus gesehen
Blick auf die Stadt

Die Radwege und –streifen, die sich in fast jeder Straße befinden, sind oft breiter als die Autospur. Mit 36% ist Anteil des Radverkehrs am gesamten Verkehrsaufkommen atemberaubend hoch – im Vergleich ist er in anderen europäischen Großstädten wie Wien zum Beispiel nur 5%. Und noch eine weitere Statistik: Laut Wikipedia werden in Kopenhagen täglich 1,3 Millionen Kilometer mit dem Bike zurückgelegt. Mich wundert das Ganze nicht, hab ich doch – um ehrlich zu sein – gerade in den Rushhours morgens und abends oft regelrechte Panik bekommen und die Stadt vor lauter Rädern nicht mehr gesehen.

Hauptstadt der Räder 500x375 Kopenhagen: die grüne Stadt im Norden, vom Sattel aus gesehen

Hauptstadt der Räder

Dementsprechend ist klar: Kopenhagen kann man nur vom Sattel aus besichtigen, anders geht’s nicht. Wer nicht, wie ich, das Glück hat, ein Privatrad zu bekommen, der kann sich von Frühling bis Herbst über kostenlose Citybikes (Bycykler) freuen – im Winter werden sie übrigens angeblich von Häftlingen in einem Gefängnis gewartet. Mit einem Pfand von 20 Kronen (1 Euro entspricht rund 7,5 Kronen), die man nach dem Einkaufswagenprinzip einsteckt und später wieder zurückerhält, kann man sich sein Fahrrad an über 100 Stationen in der Stadt abholen. Einziger wirklicher Nachteil: Die Citybikes sind nur in der Innenstadt zu nutzen – wen es weiter hinaus, in die kreisfreie Gemeinde Frederiksberg oder den auf der Insel Amager gelegenen Stadtteil von Kopenhagen verschlägt, der hat Pech gehabt.

Nicht nur die kunterbunten, in allen Farben leuchtenden, immer mit Korb oder Anhänger ausgestatteten Christiana- bzw. Copenhagen- Bikes prägen das Bild der nordischen Metropole, die Stadt hat noch etwas in Massen: Wasser nämlich. Der Name Kopenhagen, was soviel wie „Kaufmannshafen“ heißt, kommt schließlich nicht von ungefähr. In Dänemark ist man nie mehr als eine Stunde vom Meer entfernt, so heißt es, und die Hauptstadt selbst liegt auf der größten Insel Seeland. Als wäre das nicht genug, ist der Stadtkern von Kopenhagen noch von vier Seen umgeben – auf denen die Nationalvögel, die Schwäne nämlich, ihr Revier haben und Touristen wie Einheimische mit ihrem Anblick erfreuen.

Nationalvogel Schwan 500x375 Kopenhagen: die grüne Stadt im Norden, vom Sattel aus gesehen
Foto: Nationalvogel: Der Schwan

Jetzt im Frühling – wenn sich nach dem harten, langen Winter endlich die ersten Sonnenstrahlen zeigen – beginnt Kopenhagen zu leben und zu pulsieren: Da tummelt sich alles draußen, schlendert in den Einkaufsstraßen Strøget und Strædet , die mit über einem Kilometer Länge eine der längsten Fußgängerzonen Europas sind;  da gönnt man sich nach Feierabend ein – überteuertes – Bier am Nyhavn, einer der schönsten Straßen mit schmucken Giebelhäusern beiderseits des gleichnamigen Hafenarms; da besuchen unzählige Touristen die Freistadt Christiania, die seit 1971 bestehenden alternativen Wohnsiedlung auf einem ehemaligen Militärsgelände, die auch für ihre Drogenszene bekannt ist; und da sitzen die Dänen plaudernd und lachend am Friedhof Assistens Kirkegård in Nørrebro, wo der dänische Philosoph Søren Aabye Kierkegaard genauso begraben ist wie Nationaldichter Hans Christian Andersen.

Stroget längste Fußgängerzone 500x375 Kopenhagen: die grüne Stadt im Norden, vom Sattel aus gesehen
Fußgängerzone Stroget

Apropos Andersen: Seine Spuren sind überall in Kopenhagen zu finden. Im berühmten Tivoli, einem der ältesten Freizeitparks der Welt, kann man  zum Beispiel – nach der Wieder-Eröffnung im Mai  – ein Hans Christian Andersen-Schloss und einen Hans Christian Andersen-Laden besuchen. Gegenüber der Ostseite des  Tivoli – auf dem H.C. Andersen Boulevard – befindet sich auch eine der beiden Statuen des Schriftstellers in der Stadt. Die andere steht in Kongens Have (dem königlichen Garten neben Rosenborg Slot).  Und auch beim „Wahrzeichen“ Kopenhagens, der berühmten Kleinen Meerjungfrau des Bildhauers Edvard Eriksen, hat Andersen seine Finger im Spiel. 1913 wurde sie nämlich zur Erinnerung an eine bekannte Fabel des Dichters von der Carlsberg Brauerei gestiftet. Wer übrigens derzeit diese bezaubernde Nixe sehen möchte, der sucht sie inKopenhagen vergeblich und muss ins ferne China reisen. Die 1,25 Meter Kleine Meerjungfrau ist nämlich bis zum Winter bei der Expo2010 in Shanghai und hinterlässt eine gähnende Leere am Langeliniekai. Die angekündigte Video-Installation des chinesischen Künstlers Ai Weiwei ist dort jedenfalls noch nicht zu beobachten – stattdessen bemühen sich Touristen, selbst für ihre Fotos als  Meerjungfrau posieren.

Nyhavn 500x375 Kopenhagen: die grüne Stadt im Norden, vom Sattel aus gesehen
Nyhaven

Allen, die sich Kopenhagen einfach nicht ohne diese Statue vorstellen können, sei das Museum der Carlsberg Brauerei ans Herz gelegt.  Dort gibt’s nicht nur das Original der Meerjungfrau zu sehen, sondern auch lebendige Pferde und Elephanten aus Stein zu beobachten – achja, und das berühmte dänische Bier lässt sich dort natürlich auch verkosten…

Erstveröffentlicht auf tripwolf am 21. April 2010

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