Lieber Reisepass: Hommage an einen Vielgereisten
Abschiednehmen ist eine meiner schwersten Übungen, aber das habe ich ja ohnehin schon langmächtig erzählt. Richtig schlimm ist das “Adieu”, wenn man lang miteinander gereist ist – und am schlimmsten, wenn es sich um ein endgültiges Lebewohl handelt. Wie zwischen meinem Reisepass und mir…
Vor kurzen kam der Tag, den ich schon länger gefürchtet hatte: Ich musste Abschied nehmen und nach 10 treuen Jahren den Alten fallen lassen und ihn gegen einen Jüngeren eintauschen. Glaubt mir, das ist sonst gar nicht meine Art.,,, und von Wollen kann auch nicht die Rede sein.
Vielleicht mach ichs wie Christoph von “Von Unterwegs” und verwandle meine vielen Stempel auch in Kunstwerke?! Aber zuvor gibt es noch eine Hommage an den Vielgereisten und die Versicherung, nein, das Versprechen: DU reist in Gedanken immer mit mir weiter…
Sri Lanka: 2003, endlose Freiheit nach vier versklavten Jahren in der Fachhochschule samt Job (was davon “begleitend” war, das weiß ich bis jetzt nicht), zog es mich nach Sri Lanka. Du warst noch ganz neu, frisch gedruckt und nackt. Da hat man dir schon den ersten Stempel aufgedrückt:
Von 19. Juli bis 4. August, so lieferst du mir den Beweis, war ich in Sri Lanka – bin herumgereist, habe mich bei einer Ayurveda-Kur in jede Menge Öl eintauchen lassen… und habe außer wenigen Fotos nur dich als Zeugen dieser Zeit.
Australien, 2006: Drei Jahre später kam das nächste größere Abenteuer. Job gekündigt, auf ins Nichts. Wir waren unterwegs: Nach einem Abstecher in die USA zogen wir drei Monate gemeinsam durch Australien. Von einem Wiedersehen mit Sydney, das schon Jahre zuvor mein Herz im Sturm erobert hatte, nach Brisbane – Cairns – Darwin – Alice – Adelaide, um nur die Städte zu nennen. Die längsten Zugfahren, vielen Bustouren, Autostoppen, allein, zu zweit, zu ich-weiß-nicht-mehr-wie-vielt – Down Under war ganz nach meinem Geschmack, bunt, wild und doch zähmbar.
Daran erinnerst du dich sicherlich genauso gut, mein liebster Reisepass, wie an die abenteuerlichen Grenzgänge zwischen Mexiko, Guatemala und Belize. In fünf Tagen haben wirs 2010 geschafft, alle drei Länder “abzuhaken” – und du hast mich nicht im Stich gelassen. Wie das bei unseren Mitreisenden war!?! Ach, das ist eine ..
Und was in dir noch immer steckt: Mein 6-Monats-Visum für die USA – das allein ist schon ein Grund, dich weiter zu behalten und mit mir (durchlöchert, wie du bist) mitzuschleppen. Ohne dieses Visum hätte ich nicht 2011 drei Monate lang Gemüse schnippeln können – wobei, hätte ich vielleicht schon, aber mit dahinter. Also habe ich seit August 2010 die Möglichkeit, für die nächsten zehn Jahre jeweils sechs Monate ohne Muh-oder-Mäh in den USA zu sein. Nicht schlecht, vor allem, wenn man bedenkt, wie oft ich drüben bin: Ob , Abenteuer in Arizona, Kurzvisite in New York oder in der es ist schon verdächtig, wie oft mich die Staaten anziehen.
Mein Pass wimmelt nur so von Einreise-/Ausreisestempel aus den USA – noch ein bisschen mehr kommen aus Südamerika. Nach kein Wunder – und ja, wenn sie mit einer Sache großzügig umgehen, dann mit den Stempel.
Ach, ich werde dich vermissen, mein Vielgereister! Und freue mich gleichzeitig auf viele frische Abenteuer mit meinem Neuen, auch wenn ich ja ein bisschen enttäuscht bin, dass der nicht so aussieht: