Salinas: Einer für alle, alle für einen

Wir befinden uns im Jahr 2012 n. Chr. Ganz Ecuador schaut auf die globale Wirtschaft… Ganz Ecuador? Nein! Ein von unbeugsamen Ecuadorianern bevölkertes Dörfchen hört nicht auf, dieser Idee Widerstand zu leisten. Salinas de Guaranda heißt das Dörfchen in den Bergen mitten in Ecuador, das etwas anders tickt.


Die Salesianer Mission war es, die in den 1970er Jahren gemeinsam mit Freiwilligen der Organización Mato Grosso sowie den EinwohnerInnen des 1.000-Seelen-Dörfchens nahe dem mit 6.100 Meter höchsten ecuadorischen Vulkan, dem Chimborazo, das Projekt der Kooperative ins Leben gerufen hat. Zusammen wird hier in mittlerweile rund 30 Microbetrieben gearbeitet, produziert, auf den heimischen Märkten, aber auch bis nach Europa, Nordamerika sowie Japan verkauft und wieder für das Wohl der Gemeinschaft investiert. Von Schokolade bis Käse bis Pilzen bis Wolle bis Fleisch bis Kunsthandwerke bis Sojaprodukte – es gibt kaum etwas, was in Salinas nicht hergestellt wird. Ein Projekt, das dafür sorgt, dass in Salinas de Guaranda die Jugend bleibt, ja sogar zuwandert – statt wie im Rest Ecuadors von den ländlichen Siedlungen in die Städte zu flüchten.

Denn anders als in ähnlichen Dörfern ist es in Salinas für die BewohnerInnen leicht, Arbeit zu finden und davon zu leben. Muss man aber nicht: Man kann die Kooperativen-Siedlung auch besuchen. Und genau das habe ich getan!

In voller Vorfreude auf den berühmt-berüchtigten Salinerito, den angeblich besten Käse Ecuadors, und auf Kostproben der Salinas-Schokolade steigen meine argentinische Reisegefährtin Mariana und ich in Riobamba in den Bus. In einer Stunde soll uns der vorbei am mit Schnee bedeckten Chimborazo nach Guaranda und von dort aus nach Salinas bringen. Wir haben eine Mission: Uns durchkosten, bis die Bäuche weh tun; Köstlichkeiten einkaufen für die Zuhaus-Gebliebenen; die Woll-Bestellung meiner Gastgeberin Alison durchführen. Und uns natürlich anschauen, wie so eine Kooperative funktioniert und warum sie internationale wie nationale Berühmtheit erlangen konnte, dass sie sogar die Präsidenten Ecuadors höchstpersönlich besucht haben. Ein ganz schön ambitioniertes Vorhaben für einen Nachmittag!

Die Ankunft in Salinas, das nicht mit dem gleichnamigen Ort an der Küste Ecuadors verwechselt werden darf, ist dann jedoch mehr feucht als fröhlich. Wolken haben den Himmel verhangen, es nieselt leicht und die nicht-asphaltierten Straßen des Ortes eignen sich gerade besser für eine Schlammschlacht als für Erkundungsspaziergänge. Noch dazu ist Mittag und wir stehen vor verschlossenen Türen: “Wo ist denn jetzt die Käserei?” Fragend betrachten wir die Landkarte vor dem – ebenfalls geschlossenen – Tourismusbüro neben der Kirche. Die Richtungspfeiler auf diesem Plan unterscheiden sich jedenfalls von dem, den wir nur fünf Minuten vorher beim Aussteigen aus unserem Sammeltaxi im Kiosk gesehen haben. Na gut, wir nehmen das als Zeichen, es den EinwohnerInnen Salinas gleich zu tun und machen erst einmal Mittagspause. Ein Lokal dafür ist schnell gefunden und kann auch gleich als erste Station unserer Kooperativentour bezeichnet werden: Es ist nämlich das Hotel “El Refugio” zwei Blocks vom Hauptplatz entfernt, das von der Vereinigung der Dorfjugend (FUNARSAL) geführt wird. Denn nicht nur produziert wird in Salinas, auch der Tourismus ist ein immer stärker werdendes Standbein des Orts, schließlich bin ich nicht die Einzige, die sich für Kooperativen interessiert.

Von der Suppe gestärkt und aufgewärmt ziehen wir neuen Mutes los: Auf unsere Schuhe können wir einfach keine Rücksicht mehr nehmen, wir müssen – im wahrsten Sinn – durch, durch den Matsch. Die erste Station ist die Tourismusbehörde und wir stellen fest, dass Salinas mehr ist als seine um die 2.000 Mitglieder umfassende Kooperative. Zwischen Juli und Oktober lädt die Region und ihre bergige Lage zum Wandern, Reiten und Fischen ein. Für solche, die die heftigen und langen Regenzeiten nicht aushalten, gibt es ein Archäologisches Museum und seit kurzem auch das Interkulturelles Zentrum Matiaví Salinas. Aber deshalb sind wir genauso wenig hier wie dafür, die Minen anzuschauen, die dem Ort seinen Namen gegeben haben. Während der Sommermonate, also von Juli bis Oktober, können sich Interessierte jedoch dort zeigen lassen, wie man – nach wie vor – Salz gewinnt.

Uns genügt jedoch ein Blick auf die oberirdischen Salzminen rund um das Dorf, die wir von der Terrasse der Schokoladenfabrik sehen. Mit der Hilfe der Leute im Tourismusbüro haben wir nämlich, endlich, dort hingefunden. Allein, denn eine (kostenpflichtige) Führung mit einem der offiziellen Tourguides haben wir abgelehnt – wir wollten flexibel sein. Leider wie sich später herausstellt, denn ohne kommen wir weder in die Käsefabrik, die als erste Kooperative von einem – wie könnte es anders sein – Schweizer gegründet wurde, noch sind die DorfbewohnerInnen besonders glücklich über neugierige Fragen. Ob man bei einer Führung auch Kostproben der Produkte bekommen hätte? Ich kann es nicht sagen. Wir sind jedenfalls ziemlich enttäuscht, dass wir weder in der Schokoladenfabrik noch an der Käse- oder Sojatheke versuchen können. Aus der Mission “Bäuche vollschlagen” wird an diesem Tag nichts!

Beeindruckend ist der Besuch in Salinas dennoch für uns: Ein Geschäft, eine Produktionsstätte reiht sich neben die andere und zeigt stolz, wie so ein kleines Dorf mit der Unterstützung internationaler Gelder, aber vor allem wohl durchs eigene Zupacken erfolgreich sein kann. Und unsere Führung bekommen wir schließlich auch noch: In der Wollfabrik erbarmt sich nämlich ein Guide und nimmt uns mit seiner Zwei-Mann-Gruppe mit. Zum Glück für uns, denn sonst hätten wir nicht gesehen, wie die bunten, flauschigen Knäuel hergestellt werden, aus der die Frauen des Ortes kunstvolle Pullover, Kappen und Co. fabrizieren.

Das überzeugt uns auch von zwei Dingen: 1) Wir müssen zurück nach Salinas de Guaranda, denn wir haben bei Weitem noch nicht alles gesehen, geschweige denn probiert. und 2) Das nächste Mal schonen wir unsere – mittlerweile durchnässten – Schuhe und nehmen uns gleich einen Guide. Samt Fahrzeug versteht sich.

Hin- und Zurückkommen: 

Von der nächsten Stadt Guaranda aus gibt es Busse von der der Plaza Roja nach Salinas. Oder man nimmt ein Sammeltaxi. Für die Rückfahrt kann man mit jedem Bus fahren, der von Salinas Hauptplatz losgeht, denn alle führen nach Guaranda. Wegdauer, je nachdem, wie viele Leute auf dem Weg zu- und aussteigen: ca. 1 – 1,5 Stunden.

Mehr Infos: 

Offizielle Website von Salinas de Guaranda: http://www.toursalinerito.com

Die Busszeiten von Guaranda-Salinas und retour sind:
Guaranda Salinas 06h30/ 07h12h / 13 h / 16h30
Salinas Guaranda 05h30h / 07h / 08h30/ 10 h / 11h30 /13h /15h 

Wer kann, besucht Salinas de Guaranda übrigens jetzt im Mai, denn da wird im Dörfchen ordentlich gefeiert. Mehr zum Programm findet Ihr hier


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