San Marino – Minimundus für Erwachsene

„Saaan Mariiiinooo“ – so begrüßt einen schon singend der lokale Sender, der sich bei der Einfahrt durch Rimini im Autoradio bemerkbar macht und sich zwischen die italienischen Sender „schummelt“. Sobald man durch den Torbogen nachSan Marino einfährt, fühlt man auch schon in einer anderen, fast irrealen Welt: Bergauf, Bergab führen die Straßen durch die grüne Gegenden mit klingenden Namen wie Valdragone (Land des Drachens) oder Domagnano (Land des Wolfes) – und das auf nicht einmal 61 Quadratkilometer.


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San Marino Cittá bei Sonnenuntergang/ Foto: Doris

So klein, und schon ein Staat?! Die Antwort ist Ja, und trotz oder gerade wegen seiner geringen Größe sind die knapp 32.000 Einwohner San Marinos für ihren Nationalstolz bekannt – und wären vermutlich schwer beleidigt, wenn ihre „Serenissima“ (die Beschaulichste) mit einer Miniaturwelt verglichen würde. Und doch kommt man als Tourist nicht umhin, sich wie in einer eben solchen zu fühlen, wenn man die kleinen Gässchen der Hauptstadt San Marino durchwandert und dabei auf die Ministeriums- und Universitätsgebäude stößt, die gerade einmal die Größe von – bescheidenen – Einfamilienhäusern haben. Oder wenn man erfährt, dass selten mehr als eine Person im Gefängnis sitzt, und die Fußballnationalmannschaft bisher nur ein einziges Mal überhaupt ein Match gewonnen hat: 2004 nämlich mit 1:0 in einem Freundschaftsspiel gegen Liechtenstein.

Wer jetzt aber bloß ein verächtliches „niedlich“ auf den Lippen hat, dem sei gesagt: San Marino ist zwar klein, aber oho, ist es doch nicht nur eines der reichsten Länder, vor allem aber die älteste Republik der Welt mit einer Geschichte, die bis zum 3. September 301 (offizielles Gründungsdatum) zurückgeht. Während der Christenhetze in Italien flüchtete der Heilige Marinus mit weiteren Verfolgten auf den Berg Titano – und aus dieser Siedlung wurde das heutige San Marino. Ziemlich beeindruckend ist, dass dieser winzige Staat seit damals unabhängig ist, und diese Souveränität sogar von Napoleon Bonaparte oder später im Zweiten Weltkrieg anerkannt wurde. Glück für die rund 100.000 NS-Verfolgten, die während dieser Zeit in San MarinoZuflucht suchten!

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Nicht nur niedlich! / Foto: Doris

Auch heute suchen Millionen Menschen jährlich Zuflucht im beschaulichen Kleinststaat: Touristen nämlich, die – meist von den italienischen Badeorten Rimini oder Pesaro aus – einen Tagesausflug in die idyllische Hauptstadt San Marino Cittá direkt auf dem Monte Titano machen. Entweder mit dem Auto oder über die 1,5 km lange Seilbahn aus dem Dorf Borgo Maggiore kommt man in die Altstadt, die zu Recht von der UNESCO als Weltkulturerbe anerkannt wurde. Kleine, hügelige Gassen mit winzigen Shops voller Drachen, Elfen oder auch Sonnenbrillen, Hüten, Schmuck und allerlei anderem Kleinkram, alte Steingemäuer, herrliche Terrassencafés, Herrenhäuser mit winzigen Balkons – ein Juwel folgt in San Marino dem anderen.

Touristisches Highlight ist aber ganz klar das Erklimmen der drei Festungen, der drei Türme auf dem Gipfel des Monte Titano: Über die Straßen Contrada delle Pieve und Contrada die Magazzini entlang Via Salita alla Rocca kommt man zur ersten Festung, Prima Torre oder Guaita genannt. Dann geht’s über den Hexenweg (Passo delle Streghe) mit atemberaubenden Blick auf die Adria-Küste, in Richtung des Zweiten Turms (Cesta). Dort ist übrigens nicht nur das Museum für Antike Waffen (Museo delle Armi Antiche) zu finden, für Kletterer ist genau unter dem Zweiten Turm ein Climbers-Paradise. Erreichbar ist dieses über einen kleinen Seitenpfad über den Weg Salita alla Cesta, von dem man zum Parkplatz 6, dem ehemaligen alten Steinbruch, gelangt. Aber halt: Noch vom Zweiten Turm führt ein kleiner Weg zuvor noch zum Dritten Turm, Montale.

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Torre Montale / Foto: Doris

Von den Türmen geht´s wieder bergab Richtung Altstadt: Dort wartet schon das nächste „Pflichtprogramm“, die Piazza della Libertá mit dem Regierungspalast Palazzo Publico, vor dem man jede halbe Stunde eine Wachablöse – fast wie vor dem Buckhingham Palace – beobachten kann. Doch nicht nur das, es ist auch der ideale Ort, um bei einem Glas des lokalen Weins – Rotweine Brugnete oder Tessano, Weißweine Biancale und Roncale – oder einer Piadina (eine Art gefülltem Pizzabrot) den Sonnenuntergang anzuschauen. Kitschiger und romantischer geht es kaum noch…

Kaum wohlgemerkt, denn wer das Glück hat, im Juli nach San Marino zu fahren, für den ist der Abend noch nicht zu Ende: Einige Gassen weiter auf dem Piazza San Agata findet an fünf Abenden im Juli das Etnofestival statt, bei dem Musiker aus aller Welt bei freiem Eintritt die Ohren der Sanmarinesen und Touristen erfreuen.

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Das Ethnofestival am Piazza Agatha / Foto: Doris

Höhepunkt und Abschluss bildet das samstägliche Stadtfest, wo die ganze San Marino Cittá zur Bühne verschiedener Gruppen wird. In der nächsten Woche geht’s mit dem Jazz Festival weiter und schließlich folgt beim Mittelalterfest eine Zeitreise in die Vergangenheit. Grund genug, vielleicht nicht nur einen Tagesauflug nach San Marino zu machen, sondern sich gleich für längere Zeit „einzuquartieren“: Zum Beispiel in der Villa Francesca in Valdragone, von der man zu Fuß innerhalb 30 Minuten mitten in San Marino Stadt ist.

Und das ist noch nicht alles: Für weitere Informationen werfe man bitte einen Blick auf San Marino Site oder Visit San Marino

Ganz schön groß, das kleine San Marino!

Erstveröffentlicht auf tripwolf, am 5. August 2010

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