Soča-Tal: That’s how I feel sLOVEnian

“Das ist nicht echt, das kann gar nicht echt sein!”, unsere erste Reaktion auf die Fotos vom Soča-Tal, die uns ein Bekannter zeigt, sind bei DEM Anblick verständlich. Knalliges türkisblau, kristallklares Wasser, das einen bis zum Grund blicken lässt, weiß-golden marmorierte Felsblöcke, scharfe Schluchten, weiche Moos-grün verwachsene Zauberwälder – das alles übersteigt unsere Vorstellungskraft und auch unseren Glauben an die Natur. Photoshop steckt dahinter, was sonst?! Ganz sicher, oder?!

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Türkiser gehts nicht mehr – die Schönheit des slowenischen Soča-Tals raubt einem nicht nur auf Bildern den Atem! Foto: Karin Houska

Und so sind wir – zwei Freundinnen und ich – kürzlich ausgerückt, um den Beweis anzutreten, dass die Schönheit auf den Bildern einfach nicht echt sein kann. Ergebnis: Wir sind gescheitert! Das Soča-Tal ist in Wahrheit noch viel, viel atemberaubender als auf jedem Foto!

Nur viereinhalb Stunden von Wien oder München und gar nur eine Stunde vom Wörthersee entfernt punktet das Soča-Tal schon mit seiner Nähe, geradezu ideal für einen Wochenendtrip. Wir wählen auf der Hinfahrt die durchaus anspruchsvolle – ähm, unvergessliche – Strecke über die Karawanken am Wurzenpass und den hohen Vrsic-Pass auf slowenischer Seite. Da plagt sich unser kleiner Peugeot ganz schön, uns drei Mädels samt Gepäck (Zelt, Kleidung, Kletterausrüstung, Nahrung und was man eben sonst noch für einen Campingtrip benötigt) da hoch und schließlich wieder runterzubringen. Deshalb dauert die Anreise wohl auch keine vorausgesagten viereinhalb Stunden, sondern doch etwas länger. Grund genug, schon jetzt einstimmig zu beschließen, bei der Rückfahrt unserem Navi zu folgen und die andere Strecke über Tarvisio und den – harmloseren – Predelpass in Italien zu nehmen.

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Überall auf dem Weg schmücken alte, renovierte Häuser mit Blumenbalkonen und -gärten oder hölzerne Wackelbrücken die Landschaft. Foto: Doris Neubauer

All die Mühen der Anreise werden aber schon auf der Fahrt durch die “Ahs und Ohs” in den Hintergrund gerückt, die uns der Anblick von den Bergen der Julischen Alpen wie dem mit 2.864 höchsten, dem Triglav, entlockt. Und nach unzählig vielen Kehren kaum unten im Tal angekommen, zählt für uns ohnehin nur noch Eines: Wir wollen den Campingplatz finden und endlich die viel gerühmte Soča, diesen bekanntesten und beliebtesten Wildwasserfluss in den Alpen, aus der Nähe sehen.

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Nein, Photoshop lässt diesmal wirklich nicht grüßen – das Soča-Tal hat das gar nicht nötig. Foto: Agatha Witkowski

Und genau das können wir dann auch, ergattern wir doch einen Zeltplatz mit “Privatstrand” direkt am Fluss. Für die Abkühlung, die wir uns bei heißen 30 Grad nicht nur redlich verdient, sondern vor allem auch ersehnt haben, reicht es allerdings schon, die Zehen ins Wasser zu halten: Brr, eiskalt ist die Soča – mit Temperaturen um 5 Grad ideal, um sie als Kühlschrank für unser Bier zu verwenden. Zu schade, dass man da jetzt nicht schwimmen kann, denn das klare, hellblau-türkis-smaragdgrüne Wasser sieht noch verlockender aus als auf den Fotos …

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Die Quelle der Soča - helle Tochter der Berge – entspringt ebenfalls im Triglav Nationalpark. Foto: Doris Neubauer

Das Abenteuer für den nächsten Tag steht schon fest: Wir wollen zur Quelle der 140 km langen Soča, zu Fuß natürlich, schließlich möchten wir den Anblick des Flusses in Mitten des wildzerklüfteten, weißen Karstgesteins, mit all seinen Schluchten und Wasserfällen, kein einziges Mal missen. Es ist klar, er hat uns in den Bann gezogen, der Fluss, der im Italienischen “Isonzo” – 1. Weltkrieg (!) – heißt und genau in eben diesem traurige Berühmtheit erlangt hat. Hier herrschten nämlich ab 1915 drei Jahre lang unerbitterliche Frontkämpfe: Es heißt, an manchen Tagen war der sonst so türkise Fluss rot vom Blut der vielen Toten. An die Gräueltaten mag man sich beim Anblick dieser Schönheit nicht erinnern, dass sie nicht ganz vergessen werden, dafür sorgen aber die Denkmäler und Museen wie das in Kobarid.

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Mal ruhiges Bächlein, mal reißender Fluss – die Soča ist vom Ursprung bis sie bei Monfalcone in die obere Adria mündet Abwechslung pur! Foto: Doris Neubauer

Doch zurück zu unserer Wanderung: Stunden später sind unsere Fotoapparate mit Soča-Bildern prall gefüllt, und unsere Begeisterung über die Vielfalt des Flusses – mal enger Bach, mal 500 Meter breit, mal tiefe, reißende Schlucht, mal ruhiges Wasser – kennt noch immer keine Grenzen. Die Quelle der Soča haben wir aber noch immer nicht erreicht. Ein Blick auf die Karte verrät alles: Der Weg vom Anfang des Nationalparks bis zum Ursprung im Trenta Tal ist ca. 20 km, eine Strecke, die wir in einem Tag sicher nicht mehr schaffen. Also geht es per Anhalter zurück ins Camp und schließlich mit dem Auto zur Quelle. Mit 15 Minuten Gehzeit ab dem Parkplatz ist ohnehin noch zu rechnen – und gerade die letzte Etappe hat es in sich, gleicht sie doch einem A-Klettersteig. Aber da muss man durch und wird auf 1.050 m Seehöhe mit einer der wohl schönsten Quellen belohnt: Ein magischer Moment, den ich nicht in Worte fassen kann, der einfach erlebt werden muss!

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Nicht nur die Natur kann Besuchern den Atem rauben, auch jede Menge Action wie Raften, Canyoning, Paragleiten, … ist angesagt. Foto: Agatha Witkowski

Die Quelle der Soča ist nur eine der Sehenswürdigkeiten im Tal, die anderen – wie die Soča-Rinnen bei Kršovec, die Höhle Mala Boka, den Globoški-Bach oder das Lepena Tal – mussten wir uns fürs nächste Mal aufheben. Genauso wie die zahlreichen Aktivitäten, die im nahen Städtchen Bovec an jeder Ecke angepriesen werden: Ob Paragleiten, Klettern, Canyoning, Rafting und natürlich für Paddler aller Art ist das Tal ein Paradies auf Erden. Und wem das nicht genügt, der soll sich von den lokalen Köstlichkeiten überzeugen lassen – allen voran der Salmo trutta marmoratus oder auch Marmorata oder Urforelle, der mit bis zu 120cm Länge und 25kg Schwere größten europäischen Forelle.

Drei Mal war ich in diesem Jahr schon in Slowenien – öfter, als wohl in meinem bisherigen Leben zusammengenommen. Und mit jedem Besuch überzeugt mich dieses kleine österreichische Nachbarland mehr, bei Naturschönheiten wie dem Soča-Tal im Triglav Nationalpark kein Wunder! Eines steht jedenfalls fest: Die Soča hat uns nicht zum letzten Mal gesehen, wir planen bereits einen Ausflug im nächsten Jahr – dann vielleicht, um dort paragleiten zu gehen. Für mich könnte der Fremdenverkehrs-Slogan jedenfalls nicht treffender sein: I feel sLOVEnian!*

*Übrigens ist Slowenien das einzige Land, das im Englischen auch das Wort “LOVE” beinhaltet.

Tipp: Ein Campingplatz ist schöner als der andere, zum Beispiel Camp Soca, Adrenalinček-Eko Kamp Korita oder Kamp Klin.

Wettervorhersagen sind unter http://www.bovec.si/de/ oder http://wetterbote.de/tolmin_slowenien zu erfahren, allerdings kann man das Wetter im Tal laut Soča-Kennern schwer vorhersehen. So gab es bei uns auf etlichen Seiten Schlechtwetterprognosen, die – gottseidank – nie eintrafen.

Erstveröffentlicht auf tripwolf, am 29. Juli 2011

Die Geschichte ist auf Englisch auch im Buch “Travel means Freedom” erschienen. 

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