Aktiv durch Rio: 5 Wege, um noch mehr ins Schwitzen zu kommen (2)

Brasilianische Taschentücher sind nun wirklich nicht das Wahre. Einmal auch nur angegriffen (von Verwenden will keine Rede sein) zerfallen sie in sämtliche Einzelteile – und aus den bisherigen Stofffetzen werden kleine, unzusammenhängende weiße Fitzel, die sich am liebsten überall dort sammeln, wo man sie garantiert nicht braucht. Am frisch gewaschenen T-Shirt oder im Münzenfach meiner Geldtasche zum Beispiel.

Diese (wichtige?!) Erfahrung verdanke ich einer heftigen Verkühlung, die mich in den letzten Tagen in Rio ziemlich schaumgebremst in der Gegend herumhängen hat lassen. Ein recht abstruser Zustand, bei brütender Hitze von 42 Grad hustend, keuchend, vor allem aber schnupfend am Strand entlang zu spazieren… (Nein, ich will jetzt kein Mitleid.. okay, vielleicht ein bisschen). Schlapp machen stand dennoch nicht auf dem Programm: Schließlich ist meine Freundin Cristiane, bei der ich eine Woche in Rio verbracht habe, ein Energie-Bündel sondergleichen. Zwei “Itchy Feet” auf einem Haufen, Ihr könnt Euch vorstellen, dass da selbst die schlimmste Verkühlung keine Chance hat …

Zum Glück, sonst könnte ich nicht die beiden absoluten Wander-Empfehlungen meiner Zeit in Rio de Janeiro vorstellen:

4. Nationalpark Tijuca

Rio de Janeiro bietet eine einzigartige Lebensqualität, die ihresgleichen sucht: Damit meine ich nicht die zahlreichen Strände, an denen sich BrasilianerInnen wie Nicht-BrasilianerInnen gern zur Schau stellen, sondern vor allem das viele Grün der Stadt. Das liegt besonders am Nationalpark Tijuca, dem 39,72 km² großen Waldgebiet, das sich in Rio de Janeiro befindet.

Wo im 19. Jahrhundert wegen Kaffee-Plantagen die meisten Bäume bereits abgeholzt waren, entstand auf Auftrag des brasilianischen Kaiser Dom Pedro II 1861 langsam wieder Wald. Als Wasserlieferant für Rio de Janeiro gedacht, ist es heute vor allem Erholungszentrum der Cariocas, der Einwohner Rio de Janeiros. Wie viele Wanderwege, Höhlen und Wasserfälle es im Park gibt, das wissen nicht einmal “Experten”, die die üppige Vegetation seit Jahrzehnten immer wieder von oben bis unten, von links bis rechts durchqueren – davon bin ich überzeugt, seitdem ich mit Martinus unterwegs war. Der 72-Jährige ist einer der Guides von CEB - Centro Excursionista Brasileiro, dem ältesten Wander- und Mountaineering-Club Rios. Über 200 Mitglieder zählt der Verein – auch meine Freundin Cristiane ist eines davon und hat mich zu einem der zahlreichen Ausflüge mitgenommen. Diesmal stand eine kurze, leichte Wanderung durch Tijuca und ein Picknick anlässlich der Januar-Geburtstage der Mitglieder auf dem Programm.

Es war ein Tag voller berührender Begegnungen: Mit ausgefallenen Bäumen des dichten Waldes, mit Bananenpflanzen, Kapuzineräffchen, Zikaden, Nasenbären (!) und vor allem den vielen Menschen, die – wenn auch des Englischen kaum mächtig – immer wieder bemüht haben, mich zu unterhalten.

Wer es mir gleichtun möchte: Auf der Website des CEB gibt es eine – portugiesische – Programmübersicht. Die Anmeldung über die Website ist derzeit leider nur BrasilianerInnen vorbehalten, aber per Email kann man jederzeit Kontakt mit dem Verein aufnehmen. Eine Teilnahme an einer Wanderung kostet 35 Reais.

Natürlich kann man auch an offiziellen Wanderungen für TouristInnen teilnehmen – Anbieter gibt es einige. Wie diesen hier >> 

Im Tijuca befindet sich auch das Wahrzeichen Rios, der Corcovado. Aber diese Wanderung ist einen eigenen Punkt wert:

5. Wanderung zu Christus

Sie war der Grund, warum ich zwei Tage länger in Rio de Janeiro geblieben bin, als ursprünglich vorgehabt. Eine Entscheidung, die ich im Nachhinein immer wieder genauso treffen würde. Schon bei meiner Ankunft und der Planung, was denn “unbedingt” in Rio zu tun sei, hat mir Cristiane von der Wanderung rauf zur Cristo-Statue erzählt. Hart soll sie sein, anstrengend, aber jede Mühe wert.

Nachdem Cristiane – berufstätig wie sie ist – nicht garantieren konnte, selbst die Wanderung mit mir zu machen, wollte ich gerade auf CouchSurfing nach Mit-WandererInnen suchen. Da stach mir ein Termin ins Auge: Jeden Montag führt Cassio, seines Zeichens CouchSurfer und Hostel-Betreiber, Interessierte genau auf dieser Wanderung hinauf zur berühmten Statue. Auch diesen Montag.

Um 13.00 Uhr sollte es in Parque Lage losgehen. Als Cristiane und ich – eine halbe Stunde nach der verabredeten Zeit (wir sind in Brasilien!) – ankommen, wartet schon ein kleines, bunt zusammengewürfeltes Grüppchen auf uns. Allein von Cassio ist und bleibt keine Spur. Zum Glück hat eine US-Amerikanerin die Tour bereits vor zwei Wochen gemacht (mit Cassio) – und Cristiane fragt sich (und uns) erfolgreich zum Eingang der Wanderung durch. Die ersten 30 Minuten sind - wie in Berichten zu lesen war – recht einfach. Und schon nach den ersten paar Schritten laufen Kapuzineräffchen über den Weg: Klick klick klick werden einige Fotos geschossen. Die Tour hat sich für mich bereits gelohnt!

Nach dem letzten von drei winzigen Wasserfällen, oder besser gesagt Wasserbacherl, geht die Steigung los. 40 Minuten durch den Wald über Stock, Stein, Wurzeln und Gebüsch steil bergauf. Langsam, aber stetig raufschlurfend halte mich erstaunlich gut, vor allem dafür, dass ich am Vortag noch kaum durchatmen konnte. “Wenn Ihr den Felsen mit dem Eisenseil seht, sind es nur mehr zwanzig Minuten steil bergauf”, hat uns die Amerikanerin schon vorher verraten – und früher als gedacht sehen wir ihn tatsächlich. Die nächste Zwischenstation sind die Gleise der Bahn, mit der viele stimmungsvoll nach oben fahren. Dann sind es nur noch zehn Minuten auf einer asphaltierten Straße – Achtung, Busse!, auf der man schon die ersten Blicke auf die Cristo Redentor Statue ergattert.

Komplett durchgeschwitzt oben angekommen die Überraschung: Die Dame, die angeblich die Tickets (31,40 Reais für den Eintritt zur Statue und die Fahrt nach unten mit dem Bus) verkauft, kommt erst in zwanzig Minuten wieder. Entweder wir warten oder fahren mit dem Bus nach unten, um die Tickets zu kaufen. Mh, kommt mir irgendwie bekannt vor… Wir entscheiden uns fürs Warten – und irgendwann einmal fragt eine blonde Lady, wie viele Tickets wir möchten. Wieder zwanzig Minuten später halten wir die wertvollen Zettel in den Händen und können rauf zu Cristo und vor allem zur Hammer-Aussicht über Rio. Die Mühe hat sich gelohnt. Aber seht selbst:

Mehr Wege, Rio de Janeiro wandernd, radfahrend und schwitzend (!) zu erkunden, findet Ihr hier >> 

 

Offenlegung: Danke an Salewa für die blitzblauen Ramble, die ich zum Testen mit nach Brasilien mitgenommen habe. Sie haben jegliche Tortur (ähm, Tour) ausgehalten und mich blasenfrei gehalten. Außerdem haben sie in den rutschigen, waldigen, wurzeligen Lagen nicht nur ihren Halt bewahrt, sondern sind auch noch im schmutzigen Zustand ein echter Hingucker :)

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