Vespa, amore mio | Eine Liebesaffäre, nicht nur für Italiener
“Paperino”, Entchen, so hieß die erste Vespa, die auf den Markt kam. 1946 war das – und mit maximal 60 km/h war sie eher ein lahmes Entchen. Erfunden vom Ingenieur Corradino D´Ascanio, der eigentlich Hubschrauber bauen wollte, und im Auftrag von Enrico Piaggio, einem ehemaligen Konstrukteur von Kriegsflugzeugen, sollte sie vor allem einfach, sparsam und leicht fahrbar - und vor allem mit den vorhandenen Produktionsanlagen zu bauen sein. Anfangs belächelt, hätte damals niemand gedacht, dass aus diesem “hässlichen Entlein” einmal ein so weltweit umworbenes Kultobjekt, ein schöner Schwan, werden würde. Beim ersten italienischen Vespa-Tag 1951 trafen sich mehr als 20.000 Fans auf ihren Rollern. Ein Bild, das genauso gut heute, über 60 Jahre später, bei einem der zahlreichen Vespa-Treffen in Europa gemacht werden könnte!
Vespa, amore mio! Foto:
“Vespisti” – also Liebhaber der Kult-Wespe – lieben und leben für ihre Vespa; oder besser eigentlich für ihre Vespen, schließlich ist 1 Vespa ja KEINE Vespa.
Das denkt wohl auch Robin Davy, der sein Leben ganz dem schönen Roller verschrieben hat (seine Bücher wie Enrico´s Vespa findet man unter http://www.vespa-forever.de). Und auch Millionen andere treffen sich regelmäßigin Foren wiewww.vespaforum.at oder www.germanscooterforum.de, Scooterruns und Clubs, wo für jeden (Geschmack) etwas dabei ist: Da gibts die Primavera-Spezialisten, die Classic Fans, die Rennfahrer, die Sammler, die Bastler, diejenigen, die ihre Vespa tunen und einfärben und solche, die auf Originallacke – im wahrsten Sinn des Worts – abfahren. Die ersten dieser Clubs wurden schon in den vierziger Jahren gegründet: Allein in Österreich gibts mittlerweile über 40 – teilweise regionale – Vespa-Clubs, von den VK Snakeriders über den Luftboxer VW & Vespa Club Linz bis zur Classic Vespa Austria.
So sehen österreichische Vespa-Treffen von oben aus. Foto: Gerald Schulz
Fixpunkte im Leben eines Vespa-Liebhabers
Wer ein echter Vespa-Liebhaber sein möchte, der richtet sein Leben nach dem Vespa-Jahreskalender. Urlaube werden schließlich am besten mit Vespa-Treffen verbunden – und Bastler planen ihre Roadtrips danach, wo sie “zufällig” dann noch den einen Motor oder die andere Lampe kaufen können. Einige Fixpunkte im Leben eines Vespa-Liebhabers sind:
Austrovespa – die Größte in Österreich
2010 war es von 3. – 5. September so weit: Richtige Vespa-Liebhaber flitzten (naja, fuhren) mit ihren Vespen trotz Eiseskälte und Wind nach Leibnitz, um dort mit zigtausend anderen Fans von ihren Lieblingen zu schwärmen. Am Samstag war mit knappen 600 Vespas – einer Kolonne von über 10 Kilometern – eine Ausfahrt auf die südsteirische Weinstraße geplant, die leider aufgrund des Regenwetters auf eine kürzere Strecke verlegt werden musste; Verlosung einer von Lena Hoschek designten Vespa, Rennen, Musikprogramm – und vor allem natürlich viele motorisierte Objekte der Begierde stehen im Mittelpunkt der drei Tage, die seit 2008 alle zwei Jahre organisiert von der VFG Scooteria in Leibnitz stattfinden soll.
Vespa World Days – die Internationale:
2009 war es Zell am See; 2010 das Stadion in Fatima/ Portugal, 3 km vom Zentrum, Austragungsort der Vespa World Days; 2011 werden sie in Norwegen stattfinden: Die internationalen Vespa World Days, bei denen sich alljährlich für vier Tage die Vespa World Clubs treffen und aus aller Welt tausende Vespen zusammenschwirren.
Teile- und Oldtimer-Flohmarkt Mostra Scambio:
Keine Vespa-Veranstaltung, aber sicherlich Paradies für Vespisti ist der Teileflohmarkt jeden November in Mailand. Italien ist Vespa, somit gibts auch auf diesem Oldtimer-Flohmarkt, der von Freitag bis Sonntag dauert, jede Menge “Wespen”-Teile.
Mit der Vespa kann man aber nicht nur von einem Treffen zum nächsten fahren, sondern auch “echte Reisen” unternehmen: Schon 1952 baut der Franzose Georges Monneret für das Rennen London-Paris eine “Amphibien-Vespa” und überquerte damit erfolgreich den Ärmelkanal. Und ein Jahr zuvor wurde sogar eine Expedition in den Kongo durchgeführt: Ziemlich irre, wenn man bedenkt, dass der “kleine Roller” vor allem zur Lösung inner- und außerstädtischer Verkehrsprobleme gedacht war. Und diese historische Tradition wird eifrig fortgesetzt: Rollerreisen von Deutschland nach Schweden, von Hamburg nach Kapstadt oder direkt von den Vespa World Days in der Republik San Marino nach New York City wie 2007, von wo dann dieReisenden Christian und Hendrik auf ihren Vespen aus dem Jahr 1954 (!) über 16.000 Kilometer quer durch die USA, Kanadaund Mexiko gefahren sind.
Und schon 2011 geht das Abenteuer weiter: Fürs Jahr 2011 planen die NativeDrivers einen Langstreckenrekordversuch. Innerhalb eines Monats (April – Mai) möchten die beiden Deutschen 10.000 Kilometer quer von Osten nach Westen durch die USA brausen und so die längste zusammenhängende Tour mit einer Vespa, die extra für diesen Trip gebaut wird, starten. Also das muss wirklich wahre Liebe sein, oder?
Erstveröffentlicht auf tripwolf, 12. November 2011